„Anpfiff hat mich angesprochen, weil dieses Netzwerk schon so groß ist und man Kontakt zu Kindern auch abseits vom Fußball hat“, erinnert sich Nathalie an ihre Entscheidung, sich in Ludwigshafen als Bundesfreiwillige zu bewerben.

 

Fußball meets Wirtschaftsinformatik - Nathalie Primbs

Zur Saison 2020/2021 kam Nathalie Primbs als Bundesfreiwillige zu Anpfiff ins Leben. Gemeinsam mit Elias Klenk unterstützte sie nach ihrem Abitur ein Jahr lang das Anpfiff-Team am Jugendförderzentrum Ludwigshafen, wo Kinder aus dem Vereinsumfeld des Ludwigshafener SC neben dem Fußball auch im schulischen, beruflichen und sozialen Bereich gefördert werden.

Der Fußball ist schon länger ihr sportliches Zuhause: Als Spielerin im Breitensport bei der TSG Hoffenheim war sie bereits bei einem Anpfiff ins Leben-Partnerverein aktiv und hatte somit schon vor ihrem persönlichen Orientierungsjahr Kontakt mit dem Förderkonzept der gemeinnützigen Organisation. Als Bufdi konnte sie dann selbst Erfahrung im Umgang mit Kindern und Jugendlichen sammeln und übernahm verschiedenste Aufgaben wie Hausaufgabenbetreuung, Kindertraining und die Planung von Ferienspielen.

„Anpfiff hat mich angesprochen, weil dieses Netzwerk schon so groß ist und man Kontakt zu Kindern auch abseits vom Fußball hat“, erinnert sie sich an ihre Entscheidung, sich in Ludwigshafen zu bewerben. Nicht ohne Hintergedanken, denn so konnte sie sich gleichzeitig sozial engagieren, Erfahrungen sammeln und sich Gedanken über ihre eigene Zukunft machen.

Kontakte knüpfen über das Anpfiff-Netzwerk

Denn bei Anpfiff ins Leben profitieren die Freiwilligendienstler ebenso wie die Jugendlichen von den Angeboten der Berufsorientierung, vor allem aber auch vom großen Netzwerk aus Unternehmern, Vereinsvertretern und Hochschulen. So auch Nathalie. Seit der Schulzeit interessierte sie sich für Informatik, war sich aber lange unsicher, ob sie sich ein Studium in diese Richtung vorstellen kann. Sicherheit gab ihr dann im Frühjahr 2021 ein Videocall mit Professor Stefan Morana von der Universität des Saarlandes, der im Fachbereich Digitale Transformation und Wirtschaftsinformatik tätig ist. „Ich konnte ihn über meine Studienwahl ausfragen und er hat mir sehr geholfen. Mir haben seine Projekte gefallen und wie flexibel man sein kann, wenn man programmieren kann. Er hat mir gezeigt, welche Anwendungsbereiche es gibt und inwiefern das für die Zukunft sinnvoll ist.“

Parallel schaute Nathalie zusammen mit Corinna Glogger, Berufskoordinatorin in Ludwigshafen und eine ihrer Betreuerinnen, nach Möglichkeiten, ein Studium mit dem Fußball zu verbinden – und wurde fündig in den USA, wo sie sich über eine Agentur für ein Stipendium bewarb. Dafür nahmen die beiden eine Kamera mit auf den Fußballplatz, da die Corona-Einschränkungen das Filmen beim Training nicht zuließen: „Nathalie hatte ihr Ziel USA fest im Blick und hat es sehr eigenständig verfolgt. Ich habe sie beim Dreh der Sequenzen für das Bewerbungsvideo unterstützt, vor allem bei Partnerübungen wie Passspiel, Zweikampfverhalten und verschiedene Technikübungen. Das war auch für mich mal eine tolle Abwechslung im Arbeitsalltag.“

„Ich mach’s“ – vier Jahre USA

Und die Bewerbung hatte Erfolg. Gleich mehrere US-Colleges hatten Interesse. „Natürlich habe ich mit den Coaches gesprochen und verglichen.“ Schließlich entschied sie sich für die Mount Mercy University in der Kleinstadt Cedar Rapids. Doch mit einer Entscheidung ist es oft noch nicht getan: „Weil ich mir sehr unsicher war und es ein ziemlich großer Schritt für mich ist mit einem anderen Land, einem Studium und einer anderen Sprache, habe ich mich mit vielen Leuten ausgetauscht, was mir sehr wichtig war. Sie haben mich überzeugt und dann dachte ich mir, dass da nichts schiefgehen kann.“ Sie hatte auch Kontakt mit ihren künftigen Mitspielerinnen, die ihr Unterstützung versprachen. „Das war dann auch der Punkt, an dem ich mir dachte: Ich mach‘s!“ – und schrieb sich mit einem Teilstipendium ein für ein vierjähriges Studium der Wirtschaftsinformatik, auf Englisch Computer Science and Business.

Ein paar letzte Zweifel verschwanden dann spätestens, als Nathalies Team sie am Flughafen abholte. „Ich hatte Angst, dass ich nicht so gut Kontakte knüpfen kann, weil mir die Sprache im Weg steht. Iowa ist ziemlich ländlich und ich war ein bisschen skeptisch, weil ich ja auch ein Studienleben haben will. Aber wir sind eine ziemlich kleine Universität und das ist alles sehr familiär. Ich bereue nichts. Es ist einfach richtig cool hier.“

Mehr Studentin als Athletin

Zwei Wochen vor Studienbeginn fing Anfang August die Preseason an, in der sie ihr Team bei zwei Trainingseinheiten pro Tag und ein paar Ausflügen schon gut kennenlernen konnte. Neben ihr spielen noch sechs weitere Internationale für die „Mount Mercy Mustangs“. Die Conference USA wird von August bis Oktober gespielt, die besten Teams dürfen sich anschließend im überregionalen und nationalen Vergleich beweisen. Aber das ist nicht Nathalies Ziel. „Der akademische Level ist hier sehr hoch. Das war auch der Hauptgrund, warum ich mich für die Uni entschieden habe. Man sagt hier auch ‚Student Athlete‘, Student geht immer vor Athlet.

Das ist auch mein Motto. Ich wollte einfach mein Fußballerisches nutzen, um hier studieren zu können, auch wegen des Stipendiums. Mal schauen, wie viel ich hier als Fußballerin erreichen kann. Ich gebe mein bestes aber das Studium geht immer vor.“Bei zwei Spielen pro Woche und einer durchgetakteten Woche bleibt allerdings nicht viel Zeit übrig. „Zeitmanagement ist hier das A und O“. Dafür hat sie kurze Wege von ihrem Zimmer runter zum Sportplatz, der Bibliothek und den Freizeitangeboten auf dem Campus. Denn wer schon um 6:30 Uhr auf dem Trainingsplatz steht, kann sich wenigstens den Abend freihalten und dann doch das Studienleben genießen.

„Das war die beste Entscheidung, die ich getroffen habe.“

Mit ihrer Studienwahl ist sie nach wie vor sehr zufrieden. „Das war die beste Entscheidung, die ich getroffen habe. Der Vorteil hier ist auch, dass man zur Universität geht und sich im ersten Jahr noch nicht auf einen Studiengang spezialisieren muss. Nach dem Jahr kann man sich für ein Hauptfach entscheiden und sich Zeit lassen, weil es eben auch vier Jahre sind.“ Die Liste der Orte, die Nathalie sich in dieser Zeit ansehen möchte, ist lang und reicht von der East Coast bis zur West Coast, von Norden nach Süden. „Hier habe ich gemerkt, dass die Welt so groß ist und die USA so verdammt riesig sind. Jetzt habe ich eher den globalen, den internationalen Blick.“

Rückblickend ist sie sehr froh darüber, nach der Schule noch ein Orientierungsjahr absolviert – und vor allem genutzt – zu haben. „Ich weiß nicht, ob ich das auch während dem Abitur geschafft hätte. Man muss so viel organisieren von Englisch-Test absolvieren, Visum beantragen, Zeugnis übersetzen lassen, da kommt viel zusammen. Es ist ein langer Prozess, zu recherchieren und sich zu entscheiden, in welche Richtung man gehen will. Es hat mir sehr geholfen, ganz langsam an die Sache ranzugehen.“
Am Ende des Gesprächs, in dem sie diese Geschichte erzählt, kann man die vielen Dankeschöns an ihr Ludwigshafener Anpfiff-Team nicht mehr zählen. An ihren Bundesfreiwilligendienst denkt Nathalie Primbs daher sehr gerne zurück: „Ich hatte eine richtig schöne Zeit.“